EU-Glossarium

Europäische Zentralbank

Die Europäische Zentralbank (EZB) wurde zum 1. Juni 1998 gegründet. Sie trägt die Gesamtverantwortung dafür, dass alle Aufgaben des Eurosystems entweder durch ihre eigene Tätigkeit oder durch die nationalen Zentralbanken erfüllt werden. Das Direktorium der EZB erteilt hierzu den nationalen Zentralbanken die erforderlichen Weisungen gemäß den Richtlinien und Entscheidungen des EZB-Rates.

Europäisches System der Zentralbanken (ESZB)

Dem ESZB gehören neben der Europäischen Zentralbank die nationalen Zentralbanken aller EU-Mitgliedstaaten (derzeit 27) an.

Eurosystem

Das Eurosystem setzt sich aus den rechtlich selbständigen nationalen Zentralbanken des Euro-Raumes (derzeit 15) und der rechtlich selbständigen Europäischen Zentralbank, die ihren Sitz in Frankfurt/Main hat, zusammen.

EZB-Rat

Zentrales Entscheidungsorgan des Eurosystems ist der EZB-Rat. Er besteht aus dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten der EZB, den (vier) weiteren Mitgliedern des Direktoriums der EZB und den Präsidenten der nationalen Zentralbanken der Staaten, die an der Währungsunion teilnehmen. Während die Berufung der Präsidenten der nationalen Zentralbanken den einzelnen Mitgliedstaaten obliegt, erfolgt die Ernennung der Mitglieder des Direktoriums der EZB einvernehmlich durch die Regierungen der Mitgliedstaaten auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs. Beschlüsse des EZB-Rates benötigen die einfache Mehrheit der persönlich anwesenden Mitglieder, wobei jedes (stimmberechtigte) Mitglied über eine Stimme verfügt. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Präsidenten der EZB den Ausschlag. Im Zuge der Erweiterung der Währungsunion werden Anpassungen beim Abstimmungsverfahren vorgenommen. Dabei bleibt ein Übergewicht der stimmberechtigten Präsidenten der NZBen erhalten, es wird aber angesichts einer größer werdenden Währungsunion nach oben begrenzt (max. 15 stimmberechtigte NZB-Präsidenten im EZB-Rat bei 6 Direktoriumsmitgliedern mit Dauerstimmrecht). Erreicht wird diese Begrenzung mithilfe eines Rotationsverfahrens. Eine Ausnahme bilden Entscheidungen über das EZB-Kapital, über die Beiträge der nationalen Zentralbanken zu den Währungsreserven der EZB sowie über Fragen der Gewinnverteilung im Eurosystem. Hier werden die Stimmen nach den (voll eingezahlten) Kapitalanteilen gewichtet. Direktoriumsmitglieder sind bei diesen Fragen somit nicht stimmberechtigt.

Hauptrefinanzierungsgeschäfte (-instrument)

Im wöchentlichen Rhythmus über das Tenderverfahren angebotene Offenmarktgeschäfte mit einer Laufzeit von einer Woche (Haupttender). Sie können entweder als Pensionsgeschäft oder in Form eines Pfandkredits (Darlehen gegen Verpfändung) abgewickelt werden.

Kapital der EZB

Das Kapital der EZB beträgt 5,8 Mrd €. Der Anteil, der auf die einzelnen nationalen Zentralbanken entfällt, bestimmt sich zu je 50 % nach dem Anteil des jeweiligen EU-Mitgliedstaates an der Bevölkerung und dem Anteil des jeweiligen Landes am BIP der EU. Auf der Basis aller 27 EU-Mitgliedsländer (Stand 2013) entfällt auf die Deutsche Bundesbank ein Kapitalanteil von 21,1364 %. Da aber nur 17 Länder der Währungsunion und damit dem Eurosystem angehören und nur diese Länder ihren Kapitalanteil am Grundkapital voll eingezahlt haben, liegt der Anteil der Deutschen Bundesbank am voll eingezahlten Kapital bei knapp ca. 27 %.

Konvergenzkriterien

Jedes Land, welches der Währungsunion beitreten will, muss nach dem EG-Vertrag bestimmte Eintrittsbedingungen erfüllen. Die Konvergenzkriterien sollen sicherstellen, dass nur solche Länder an der Währungsunion teilnehmen, die bereits vorher ihre stabilitätspolitische Leistungsfähigkeit nachgewiesen haben.

Non-Standard-Monetary Policy Measures

Im Zuge des Krisenmodus der Geldpolitik hat das Eurosystem eine Reihe von neuen Instrumenten eingeführt, um mit der Krise angemessen umgehen zu können. Die EZB spricht hier von den sog. Non-Standard-Monetary Policy Measures.

Stabilitäts- und Wachstumspakt

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt wurde vom ehemaligen deutschen Finanzminister Theo Waigel initiiert und auf dem EU-Gipfel in Amsterdam Mitte 1997 verabschiedet. Dabei ging es darum, das Verfahren bei einem übermäßigen Haushaltsdefizit zu beschleunigen und zu präzisieren sowie eine dauerhafte und nachhaltige Haushaltsdisziplin zu institutionalisieren. In diesem Pakt verpflichten sich die EU-Mitgliedsstaaten, mittelfristig zumindest einen ausgeglichenen Haushalt anzustreben. Dadurch sollten potenzielle Konflikte der nationalen Haushaltspolitiken mit der vergemeinschafteten Geldpolitik begrenzt werden. Bei Verstößen können für EWU-Länder Sanktionen beschlossen werden (z. B. Geldbußen). Allerdings wurden in der Praxis die Regeln nicht nur umgangen und aufgeweicht, sondern aktiv gebeugt. Die entscheidende Schwäche dabei war, dass eine Mehrheit der EWU-Länder nötig war, um Sanktionen durchzusetzen. Spätestens mit dem Beschluss des Europäischen Rates zur Änderung (konkret: Lockerung bzw. Flexibilisierung) des Paktes im Jahr 2005, waren die Vorschriften nicht mehr glaubwürdig. Um die institutionellen Vorschriften im Euro-Währungsgebiet zu verbessern wurde im September 2011 eine Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes verabschiedet.

Ständige Fazilitäten

Ständige Fazilitäten (Einlagefazilität, Spitzenrefinanzierungsfazilität) können die Kreditinstitute jederzeit auf eigene Initiative in Anspruch nehmen. Sie stehen an jedem Geschäftstag zur Verfügung.

Tagesgeldsatz

Zentraler Ansatzpunkt für die geldpolitischen Instrumente des Eurosystems ist der Tagesgeldsatz am Interbanken-Geldmarkt (EONIA). Das Eurosystem strebt am Tagesgeldmarkt den Zins an, den es als zielkonform betrachtet. Dieser Zins ist der Hebel, mit dem die letztendlichen Ziele, vor allem Preisstabilität, erreicht werden sollen. Dementsprechend wird er üblicherweise als operatives Ziel der Geldpolitik bezeichnet.

TARGET2

Um ein leistungsfähiges Instrument zur operationalen Durchführung der Geldpolitik des Eurosystems, vor allem zur „Verteilung“ von Zentralbankgeld über den Euro-Geldmarkt, bereitzustellen und grenzüberschreitende Zahlungen innerhalb der EU effizient und sicher abzuwickeln, wurde ein Trans-Europäisches Echtzeit-Bruttozahlungssystem für den Euro, abgekürzt TARGET (Trans-European Automated Real-Time Gross Settlement Express Transfer System), eingeführt. Es besteht aus den national eigenständigen Echtzeit-Bruttozahlungssystemen der angeschlossenen nationalen Zentralbanken des ESZB und dem Zahlungsverkehrsmechanismus der EZB (sog. Abwicklungsplattformen), die über eine als Interlinking-System bezeichnete Verbindungskomponente verknüpft sind.

TARGET2-Forderungen

Fließt den Banken eines Landes aus den grenzüberschreitenden Überweisungen über TARGET2 per Saldo Zentralbankgeld zu, entsteht bei der betreffenden nationalen Zentralbank (NZB) im Ergebnis ein positiver TARGET2-Saldo – so zum Beispiel derzeit bei der Deutschen Bundesbank. Diese TARGET2-Forderung richtet sich letztlich nicht an eine andere NZB, sondern an die Europäische Zentralbank, die als Verrechnungsstelle zwischen den NZBen wirkt.

Zwei-Säulen-Konzept

Bis zur Überprüfung durch die EZB im Frühjahr 2003 basierte das Zwei-Säulen-Konzept auf dem publizierten Referenzwert für M3 und der auf breiter Grundlage erfolgenden Beurteilung der Preisperspektiven. Nach der Überprüfung bleibt es zwar bei einem Zwei-Säulen-Konzept, aber die Säulen wurden in ihrer Abfolge getauscht und umbenannt in „Wirtschaftliche (kurzfristige) Säule“ und „Monetäre (langfristige) Säule“. Die geänderte Reihenfolge kann – in Verbindung mit der nicht mehr jährlichen Überprüfung des Referenzwertes – als eine konzeptionelle Abwertung der Geldmengenentwicklung verstanden werden.

 

 

 

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